Sonntag, 10. Juni 2018

 Analyse - Der goldene Topf (1814)


Ich habe mich mit dem Auszug aus der Novelle von E. T. A. Hoffmann „Der goldene Topf“ (1814) beschäftigt. Die Novelle ist eine romantische Erzählung und kann in die literarische Gattung der Märchen eingeordnet werden. In einer ersten Deutungshypothese lässt sich sagen, dass der Text von einem jungen Studenten namens Anselmus handelt, an derem gesunden Geisteszustand man schon beim ersten Lesen des Textes zweifeln kann.
Wir erfahren, dass sich der junge Student am Abend unter einem Holunderbaum befindet. In seiner unmittelbaren Nähe hört er Geräusche, und es stellt sich heraus, dass diese von drei Schlangen kommen, die sich durch das Geäst des Holunderbaumes bewegen. Hier versucht der Autor, das Verhalten der Tiere in Worte zu fassen: „Zwischendurch – zwischenein – zwischen Zweigen, zwischen schwellenden Blüten [...]“ (Zeile 15-24). Er erfasste den Blick von einen dieser Schlangen und entwickelt deutlich Gefühle für sie: „[…] und Anselmus sah, wie eine Schlange ihr Köpfchen nach ihm herabstreckte. Durch alle Glieder fuhr es ihm wie ein elektrischer Schlag, er erbebte im Innersten [...]“ (Zeile 41-44). Dann sprechen nacheinander der Holunderbaum, der Wind und die Sonne zu ihm. Schließlich geht die Sonne unter, eine weitere Stimme, diesmal weiter entfernt, spricht zu ihm und dann verlassen die Schlangen den Holunderbaum.
Um die Struktur des Textes zu beschreiben, kann man sagen, dass er nicht keine eindeutige Gliederung hat, wenngleich er in einzelne Abschnitte unterteilt ist. Die Novelle zeigt in diesem Auszug wenig Spannung, jedoch könnte man an der Stelle, an der Anselmus Gefühle für die Schlange entwickelt, einen Höhepunkt festmachen. In dem Text finden wir im besonderen Maße Metaphern, Übertreibungen, Personifikationen, von denen ich einige im folgenden nennen werde. Die Metaphern und Übertreibungen zeigen, dass Anselmus eine sehr Gefühlvolle Person ist und die Personifikationen verdeutlichen die Naturverbundenheit, die der Autor anscheinend zwischen Anselmus und den personifizierten Dingen aufbauen will.
Metapher: „[…] als schüttle der Abendwind die Blätter [...]“ (Zeile 6-7); „[…] es war, als ertönte die Blüten wie aufgehangene Kristallglöckchen[…] (Zeile 10-11); „[…] Dreiklang heller Kristallglocken […] (Zeile 29-30)
Übertreibungen: „[…] unaussprechliche Sehnsucht […] (Zeile 46); „[…] nie gekanntes Gefühl der höchsten Seligkeit und des tiefsten Schmerzes seiner Brust zersprengen […] (Zeile 46-48); „Und wie er voll heißem Verlangens immer in die holdseligen Augen schaute […] (Zeile 49-50); „[…] in tausend Flämmchen […]; „[…] wurde heißer die Sehnsucht, glühender das Verlangen.“ (Zeile 68-69); „[…] war wie herrlicher Gesang von tausend Flötenstimmen[...]“ (Zeile 72)
Personifikationen: „Der Holunderbusch rührte sich und sprach:“ (Zeile 55); „Der Abendwind strich vorüber und Sprach:“ (Zeile 59); Die Sonnenstrahlen brachen durch das Gewölk, und der Schein brannte wie in Worten:“ (Zeile 62-63)
„Der goldene Topf“ ist eine typische Erzählung der Romantik, da sie viele Ideen dieser literarischen Epoche aufgreift. Die romantischen Dichter hielten nicht viel von der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts und strebten nach Geheimnisvollen Dingen und mythischen Welten. (vgl. Quelle: wortwuchs.net). Das zeigt sich auch in dieser Novelle, wenn beispielsweise Nicht-Lebende Dinge Sprechen können, oder Tiere ganze Worte von sich geben können. Für diese Zeit ist es üblich, und besonders auch für den Autor E. T. A. Hoffmann, Unheimliches in die Erzählungen mit einfließen zu lassen, was möglicherweise auch das Verhalten zwischen Anselmus und der Schlange erklären könnte.
Meine anfängliche These, Anselmus sei nicht bei klarem Verstand, konnte ich zumindest in dieser Analyse nicht ausdrücklich widerlegen. Jedoch könnte man in diesem Fall mit den Merkmalen der Romantik argumentieren, die ich eben bereits angeführt habe.

1 Kommentar:

  1. Sprechende Tiere? Die gibt's doch in der Fabel! Und die sind (meist) typisch für die Aufklärung! (Didaktische Absichten, Leser Belehren, typische Rollen verkörpern [dummes, schwaches Schaf; trickreicher Fuchs usw.)

    Warum gibt es denn nun sprechende Tiere in der Romantik? Die selben Gründe oder wie?

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